Generation Z – Wie sichert man heute den Personalbestand von morgen?

Die Generation Z drängt auf den Arbeitsmarkt und wird in kürzester Zeit den größten Anteil der Arbeitnehmer stellen. Was solltest du tun, um diese Gruppe für dich zu interessieren und sie langfristig an dich zu binden? Und was ist es, das sie antreibt, wenn nicht das Gehalt?

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Olle Forneus

Ich bin Leiter für soziale Medien bei Teamtailor und ein heiterer und gelassener Schwede, der Menschen im Allgemeinen, digitale Kommunikation und im Besonderen die Arbeitgebermarke mag.

Am 12. Mai, zusammen mit Oneflow luden wir unsere norwegischen HR-Freunde zu einem Networking-Event ein, bei dem das Hauptthema die Gen Z war und wie man deren Aufmerksamkeit erregt. Heidi Nygjelten, Nordic Chief People & Culture Officer bei Amesto TechHouse, Ole Kristian Lohnaas, CEO & Mitbegründer von Kvant Consulting, Thomas Berhane, Sales Consultant bei Amesto sowie Simon Andersson, Country Manager für Norwegen bei Teamtailor, ließen uns dabei an ihren Erfahrungen teilhaben und gaben uns Tipps, wie man die neue Talentegeneration optimal anspricht und an sich bindet.

Die wichtigsten Kernpunkte und Tipps, die in dieser Nacht erarbeitet wurden, haben wir zusammengestellt. Wir hoffen, dass sie für unsere HR Freunde auf der ganzen Welt (und für all diejenigen, die mit der Gen Z zu tun haben!), eine Hilfe sind bei der Herausforderung, den Personalbestand von morgen zu sichern.

Generation Z, auch Generation Einzigartig genannt, ist die Generation, der gesagt wurde, dass sie alles erreichen können, was sie wollen und dass sie einfach großartig sind, weswegen sie das Recht auf eine Sonderbehandlung haben. Eine gut ausgebildete, voll digitalisierte Generation, die daran gewöhnt ist, jede erdenkliche Information innerhalb von Sekunden zu finden. Die Generation Z steht bereits jetzt dafür, eine Menge Bewegung in den Arbeitsmarkt gebracht zu haben. Warum? Sie haben weniger zu verlieren als andere, sie finden sich in den niedrigsten Gehaltsstufen und sie haben die wenigsten Verpflichtungen. All das führt dazu, dass es für sie ein Leichtes ist, die Stelle zu wechseln - und das häufig. Untersuchungen zufolge gehen mehr als 60 % der Gen Z davon aus, nicht länger als 2 Jahre in ihrem derzeitigen Job zu arbeiten.

Wie können wir das ändern?

Bereits seit 2020 stellt die Generation Z weltweit mehr als 36 % der Arbeitskräfte. Die enorme Größe dieser Generation zwingt Arbeitgeber dazu, sie zu verstehen, sie einzubeziehen und sie zu halten. Heidi betont, dass dies IMMER mit aufmerksamen Zuhören und folglich mit Verständnis beginnt und dass die Frage, wie man die Generation Z mit einbindet immer auch mit dem beginnen muss, was für sie wichtig ist.

Der derzeitige Kandidaten- und Stellenmarkt lässt sich mithilfe einiger weniger Faktoren charakterisieren, die uns dahin gebracht haben, wo wir uns heute befinden:

Der Kampf um Talente

Bereits 1997 sprach McKinsey vom „Kampf um Talente". Damit gemeint ist eine Recruiting-Umgebung, die zunehmend vom Konkurrenzkampf der Arbeitgeber geprägt ist, die sich bemühen, die besten und fähigsten Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu begeistern, sowie diese auf längere Sicht an sich zu binden. Im Klartext bedeutet das, dass es im Laufe der Zeit für Arbeitgeber immer schwieriger wurde, die größten Talente langfristig in der eigenen Firma zu halten. Ursache hierfür ist nicht nur der allgemeine Mangel an fähigen Arbeitskräften, sondern auch deren Erwartungen an ihren Arbeitsplatz.

Wir erwarten, dass sich das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage noch weiter verschieben wird. Manche sagen sogar, der Krieg sei bereits zu Ende ... ... und das Talent habe gewonnen. 

Das große Kündigen

Das große Kündigen oder auch „The Great Resignation" begann im Jahre 2021 auf dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt und breitet sich seitdem in der ganzen Welt aus. Auch wenn es sich hierbei um einen Trend handelt, der sich über längere Zeit gehalten hat, kam die Bewegung trotzdem für viele überraschend. Die Pandemie hat etwas mit uns gemacht: Der Arbeitsplatzwechsel wurde einfacher und die Erwartungen und Anforderungen der Arbeitnehmer an ihre Arbeitgeber sind gestiegen.

Tatsache ist: Die Mehrheit der Arbeitnehmer, die in 2021 ihren Job gekündigt haben, gaben folgende Gründe für ihre Kündigung an: schlechte Bezahlung (63 %), fehlende Aufstiegsmöglichkeiten (63 %) und mangelnde Wertschätzung (57 %).

Digitalisierung

Die Digitalisierung der Gesellschaft schreitet massiv voran, was zu einem dauernden Kampf um IT-Spezialisten führt.

Diese Krise wurde bereits vor geraumer Zeit vorausgesagt und wir leben schon eine Weile mit ihr. Laut ICT Norway werden wir bis 2030 40.000 zusätzliche Arbeitnehmer mit IT-Kenntnissen benötigen, andere Quellen gehen von bis zu 100.000 und mehr aus. Entgegen der allgemeinen Auffassung hat die digitale Transformation weniger mit Technologie und mehr mit Menschen zu tun. Man kann praktisch jede Art von Technologie kaufen, sich jedoch darauf einzulassen und mit der Technologie entsprechend umzugehen, erfordert eine alternative Herangehensweise. Ebenso die Bereitschaft, die dafür notwendige neue Generation von Wissen und Kenntnissen zu entwickeln, um damit die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen, sowie das eigene als auch das Potenzial anderer auf lange Sicht zu sichern.

„Entgegen der allgemeinen Auffassung hat die digitale Transformation weniger mit Technologie und mehr mit Menschen zu tun".

Das große Abschalten

Das große Abschalten oder auch „The Great Disconnect" ist ein weiterer Trend, den wir seit etwa 10 Jahren beobachten. „Abschalten" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich nur etwa 10 % der Arbeitnehmer in Westeuropa wirklich mit ihrer Arbeit verbunden fühlen und dementsprechend engagiert sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 9 von 10 Arbeitnehmern ihre Arbeit entweder ohne jegliches Engagement erledigen oder komplett unzufrieden sind. Diese „innere Kündigung" bedeutet nicht nur eine Abnahme der Produktivität in Höhe von ca. 18 % des Jahresgehalts, sondern auch den Verlust loyaler Mitarbeiter, die gegenüber ihrer Umwelt kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn es um negative Erfahrungen am Arbeitsplatz geht. Die meisten von uns verbringen etwa ein Drittel unserer Lebenszeit mit Arbeit. Und mehr und mehr von uns erkennen, dass wir diese Zeit so angenehm, produktiv und erfüllend wie möglich nutzen müssen, indem wir eine Arbeit erledigen, die uns etwas bedeutet. Als Folge davon steigt die Zahl der Kündigungen kontinuierlich an, denn Arbeitnehmer sind weniger bereit, sich mit einer für sie unbefriedigenden Situation am Arbeitsplatz zu arrangieren. Dies gilt ganz besonders für die Generation Z, was wiederum bedeutet, dass es zunehmend wichtiger wird, alles dafür zu tun, Talente und gute Arbeitskräfte an die eigene Firma zu binden.

Umbruch ist das neue Normal, auch bekannt als die VUCA-Welt. VUCA (oder VUKA) steht für volatility (Volatilität, Flüchtigkeit), uncertainty (Ungewissheit, Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit), und beschreibt eine Situation ständiger, unvorhersehbarer Veränderungen, die zum neuen „Normal" in den meisten Branchen und Geschäftsbereichen geworden ist. Daraus folgt ein enormes Gefühl der Unsicherheit innerhalb der Generation Z, was wiederum zu einer wachsenden Angst davor führt, Fehler zu machen. In letzter Instanz führt dies zu Denk- und Verhaltensweisen, die von dem Wunsch geprägt sind, jegliche Risiken so weit wie möglich zu vermeiden. VUCA destabilisiert die Arbeitnehmer, Risiken erodieren die Firmenkultur und führen dazu, dass Umschulung und Umstrukturierungen zur ständigen Notwendigkeit werden.

Zusammenfassend bedeutet das:  Die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation ist so angespannt, dass immer mehr Firmen verzweifelt versuchen, sich gegenseitig bei Gehältern zu überbieten, Arbeitnehmer aus anderen Firmen abzuwerben, sowie sich permanent in ihren Bemühungen zu übertreffen, sich die begehrten, raren Fachkräfte zu sichern. Der Druck auf HR und Personalvermittler steigt dadurch enorm. In diesem Jahr gab es übrigens mehr freie Stellen im Bereich Personalwesen als in der Entwicklung. Das spricht Bände.

Generation Z – Die erste Generation, die Zweck über Bezahlung stellt

Aufgewachsen in einer Welt der Klimakrise, einer Pandemie, einer Finanzkrise hervorgebracht durch die Reichsten des Planeten und dem schwindenden Glauben daran, dass Regierungen und Behörden all diese Probleme alleine lösen könnten, träumt die Generation Z von Großem und zeichnet sich durch ihre Einstellung „Ich möchte etwas ändern" aus. Ihre Umgebung ist ihnen wichtig und sie werden durch die Art von Arbeit motiviert, mit der man „Gutes tun" kann. Das Gehalt ist wichtig aber der Zweck der Arbeit steht für sie eindeutig im Vordergrund: 49 % der Generation Z gibt an, dass sie auf 20 % ihres Gehalts verzichten würden, um in einer Firma zu arbeiten, deren Zweck und Werte mit den ihren übereinstimmen. Sie suchen gezielt nach Stellen in Unternehmen, bei denen das Gedankengut und das Wertesystem sich mit ihrem eigenen decken und die von mehr als nur dem Streben nach Gewinn angetrieben werden. Stellen, die dazu beitragen, gesellschaftliche Probleme zu lösen mithilfe von Innovation und Sozialunternehmertum. CSR (Corporate Social Responsibility oder auch „gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens") sollte mehr als nur eine Firmenstrategie unter vielen sein: Corporate Social Responsibility ist die EINZIGE Strategie, die langfristig das Überleben eines Unternehmens sichern kann. Authentizität hat für die Generation Z einen extrem hohen Stellenwert, doch sie muss ehrlich sein ... authentisch eben.

CSR ist nicht nur eine Firmenstrategie unter vielen, sie ist die EINZIGE, die langfristig das Überleben eines Unternehmens sichern kann

Amesto arbeitet intensiv daran, die Bedürfnisse und Werte dieser Generation in ihre Kultur und Mission zu übertragen. Sie haben grundlegende Richtlinien, die die gesamte Organisation dazu verpflichten, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Jede Firmenhandlung muss im Bezug auf die Auswirkungen bewertet werden, die sie auf das gesamte Ökosystems und alle damit verbundenen Parteien haben: Kunden, Mitarbeiter, Inhaber, die Gesellschaft und die Umwelt. Sie bezeichnen es als Triple bottom line (das Drei-Säulen-Modell): People – Planet – Profit (Menschen – Planet – Profit).

Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, durch Neugier und Fragen Lösungen für Herausforderungen zu finden, die sich in ihrem sozialen Umfeld manifestiert haben. Das Ergebnis? Im Ranking der innovativsten Firmen Norwegens belegen sie Platz drei!

Das Drei-Säulen-Modell zeichnet sich dadurch aus, dass nicht nur Gewinnmaximierung bei Firmenentscheidungen eine Rolle spielt, sondern auch auch die Auswirkungen, die diese Entscheidungen auf Umwelt und Gesellschaft haben. „Wir können nicht erwarten, dass Regierungen und Behörden all unsere Probleme lösen. Wir alle haben eine Verantwortung gegenüber dem Ökosystem, von dem wir ein Teil sind. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie können wir das, was wir gut können, ... so einsetzen, dass wir etwas Gutes bewirken ... und darüberhinaus auch noch Geld verdienen?" , so sagt Heidi. Und dann zeigt sie uns ein paar Beispiele von dem, was sie tun:

  • Amesto NextBridge – Zusammen mit Beefutures arbeiten sie an einer Lösung, die dabei hilft, die Bienen zu retten und ihnen ein längeres, einfacheres Leben zu ermöglichen.
  • Klimaauswirkungen – Sie erstatten Bericht über die Klimainvestitionen der Firma und zeigen anhand konkreter Zahlen ihrer Klimabilanz, welche Optimierungsmöglichkeiten es gibt, und wie man diese in die Tat umsetzt. Egal, ob es dabei um Shopping, Reisen oder die Wahl potenzieller Geschäftspartner geht. Durch Lösungen zum Einblick in Daten und Prozesse erhalten Kunden einen genauen Bericht über die Triple Bottom Line.
  • Amesto Aces – Hierbei werden junge, in sozialer Ausgrenzung lebende Menschen im Rahmen eines sechzehnwöchigen Intensivprogramms zu CRM-Beratern ausgebildet. Damit wird nicht nur dem IT-Fachkräftemangel entgegengesteuert, sondern es wird gleichzeitig eine große Anzahl hervorragender Arbeitsplätze geschaffen.
  • Flexibilität – Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sind zwei der wohl entscheidendsten Faktoren, wenn es darum geht, die Generation Z an sich zu binden. Mit dem Auftreten von Corona begann Amesto, im Bezug auf das "Wo" und "Wann" der Arbeit in völlig neue Richtungen zu denken. Der Kern ihres Manifests zur Flexibilität fußt auf der Ansicht, dass „Arbeit kein Ort ist, sondern etwas, das man tut". Amesto demonstriert damit das tiefgreifende Vertrauen, das die Firma in ihre Arbeitnehmer und Teams hat, wenn es um das Festlegen von „so viel Flexibilität wie möglich" geht. Jeder einzelne Mitarbeiter erfährt auf diese Weise ein hohes Maß an Freiheit und Autonomie und das Management demonstriert einen Führungsstil , der eindeutig auf Vertrauen basiert.

Zusammenfassend bedeutet das: Soziale Tragfähigkeit steht hier im Vordergrund: Selbstbestimmung und die Freiheit, im eigenen Leben frei entscheiden zu können. Zum Beispiel die Möglichkeit, von der Stadt aufs Land zu ziehen, um die Lebensqualität oder die eigene Kaufkraft zu steigern oder was noch wichtiger ist, die eigene Zeit so zu nutzen, dass sich die Arbeit dem Leben anpasst und nicht umgekehrt. „Deine Stimmung hat Einfluss auf deine soziale Umgebung, was wiederum Auswirkungen auf die örtliche Gemeinschaft und dann auf das erweiterte Umfeld hat. Arbeit ist kein Ort, sondern etwas, das man tut".

Weiter sagt sie, dass das Manifest zur Flexibilität eine enorme Auswirkung auf „People, Planet & Profit" hat:

Man spart Zeit, da der Weg zur Arbeit entfällt. Insgesamt sind das im Jahr ungefähr 16 Arbeitstage.

Man hilft, den Planeten zu retten, indem man weniger fährt/fliegt. Das ist vielleicht der eine Aspekt, zu dem wir als Individuen am meisten beitragen können.

Gut für die Firma, da sich der Markt potenzieller Mitarbeiter geografisch vergrößert.

Arbeit ist kein Ort, sondern etwas, das man tut

Heidis Tipps:

  • Talente anzulocken und zu binden beginnt immer mit Zuhören. Es ist wichtig, dass du deine Zielgruppe verstehst – denke von außen nach innen. Statt zu fragen „Was brauchen wir?" frag lieber „Was brauchen die Bewerber?". Mach dir Gedanken über die Werte und Bedürfnisse der Arbeitnehmer, übertrage sie auf dein Unternehmen und sorge dafür, dass sie in deinem MWV (Mitarbeiter-Wertversprechen) präsent und sichtbar sind.
  • Was gibst du der Welt, außer Gewinn zu machen? Was immer du tust, verliere niemals die Aspekte „People & Planet" aus den Augen. Nur etwa 16 % aller Unternehmen betrachten ihre CSR/CSV-Programme als Kernkomponente ihres MWV. Sorge dafür, dass sie in deiner Firma den Stellenwert bekommen, den sie verdienen. Und bleib dabei immer authentisch.
  • Lass deine Mitarbeiter von ihren Erfahrungen berichten. Vergiss unternehmerische Perfektion – sie existiert nicht. Eine Karriereseite und eine Website sind zwei verschiedene Dinge. Nimm dir genug Zeit, deine Karriereseite für Bewerber attraktiv zu gestalten.
  • Du hast 8 Sekunden Zeit, um ihr Interesse zu wecken. Fasse dich kurz und sei überzeugend! Vergiss lange Listen mit Eigenschaften und Fähigkeiten, nach denen du suchst. Gib deinen Bewerbern die Chance, aktiv zu werden! Verwende Videos und Bilder, um Kandidaten auf dich aufmerksam zu machen.
  • Denke und handele nicht wie ein Personalbeschaffer: Denke wie jemand aus der Marketingabteilung.

„Als Unternehmen musst du dir selbst die Frage stellen: Was tun wir eigentlich wirklich? Viele Firmen haben die Fähigkeit, fesselnd zu beschreiben, was sie tun und worin sie gut sind. Aber sie lassen dabei das WARUM völlig außer Acht. Nimm dir genügend Zeit, die Frage nach dem WARUM für dich selbst zu beantworten und mit dieser Antwort genau die Bewerber anzusprechen und an dich zu binden, nach denen du suchst."